Wie von Tibet Daily berichtet wird, soll die Endstation in Lhasa für die geplante Eisenbahnlinie von Qinghai und anderen chinesischen Provinzen nach Zentraltibet in der Ortschaft Ne'u (chin. Liuwu) im Kreis Toelung Dechen (chin. Duilongdeqing) gebaut werden, mit einer Brücke zum Anschluß der Ortschaft an das auf der gegenüberliegenden Seite des Kyichu Flusses gelegene Stadtzentrum von Lhasa. Diese Nachricht über den Zielbahnhof paßt gut zu Chinas Plänen, diese Gegend mittels high-tech Industrie in die "Liuwu New Area" zu konvertieren.
Die Stadtverwaltung von Lhasa verfolgt derzeit ehrgeizige Pläne, um die Fläche des urbanen Lhasa von seinen bisherigen 53 qkm bis zum Jahr 2015 um mehr als das Vierfache auf 272 qkm zu vergrößern und die Stadtbevölkerung in den nächsten 4 Jahren um 30% zu steigern. Ein Bericht aus Peking besagt, daß die "Liuwu New Area" und eine 12,5 qkm umfassende Entwicklungszone "bahnbrechend für die wirtschaftliche Entwicklung Lhasas, ja eigentlich der ganzen autonomen Region sein werden" (Beijing China Internet Information Centre, 4 June).
Berichten aus Tibet zufolge steigen bereits die Grundstückspreise in der Ne'u Gegend, und es heißt, tibetische Bauern und Ortsansässige müßten eventuell umgesiedelt werden, um für die neue Entwicklung Platz zu schaffen.
Lhasas Bevölkerungsboom setzte in den Achtzigern ein und ist weiterhin im Steigen begriffen. Plänen des Zehnten Fünfjahresplanes der Partei (2001-5) zufolge soll sich die Bevölkerung des Stadtgebietes Lhasa in dem 15 Jahre umfassenden Zeitraum von 1990-2005 mehr als verdoppeln. Die Stadtfläche Lhasas, die vor 50 Jahren, als die Chinesen die Herrschaft über Tibet an sich rissen, nicht mehr als 3 qkm betrug, mit einer Einwohnerzahl von 20-30.000, expandierete offiziellen Statistiken zufolge letztes Jahr auf 53 qkm bei einer Einwohnerzahl von 230.000. Inzwischen stieg die Gesamtbevölkerung des 532 qkm umfassenden "Stadtgebiet Lhasa" (Kreisebene) auf 470.000. Nach dem Fünfjahresplan ist das kurzfristige Ziel, die Stadtfläche bis Ende 2005 auf 70 qkm zu erweitern und die Stadtbevölkerung von 230.000 auf "über 300.000" anwachsen zu lassen (Beijing China Internet Information Centre, 4 June). Dies würde einen weiteren Bevölkerungsanstieg um 30% innerhalb von nur 5 Jahren bedeuten, ausgelöst durch die zu erwartende Flut an chinesischen Zuwanderern sowie durch die Urbanisierung der bestehenden Wohngebiete. Berichte aus Tibet lassen schließen, daß die derzeitige Bevölkerung von Lhasa zumindest zu 70% chinesisch ist.
Die tatsächlichen Bevölkerungszahlen liegen durchweg höher als die offiziellen Statistiken angeben. Offizielle chinesische Erhebungsdaten für die Region schließen nicht das Militär oder die aus Wirtschafts-Migranten bestehende "fluktuierende Bevölkerung" ein, die hauptsächlich in den städtischen Gebieten ansässig ist. Kader der Stadtverwaltung Lhasas gaben 1998 zu, daß ein Drittel der Bevölkerung der Stadt aus "temporären Bewohnern" bestehe. Im Hinblick auf das langfristige Ziel der Erweiterung der urbanen Fläche auf 272 qkm bis zum Jahr 2015 würde über die Hälfte des "Stadtgebiet Lhasa" (Kreisebene) der urbanen Entwicklung zum Opfer fallen.
Die offiziellen Zahlen sprechen von einer jährlichen Zuwachsrate von etwa 5,5% für die Periode 2000-2005, was die 5,1% Rate für das Jahrzehnt von 1990-2000 noch übertreffen würde, ein Zeitraum, in dem die räumliche Expansion der Stadtfläche nicht signifikant war. Der Prozentsatz für den Bevölkerungszuwachs Tibets im letzten Jahrzehnt ist etwa fünf mal so hoch wie der offiziell behauptete nationale Durchschnitt von 1,07% (China Daily, 28. März). Der Zustrom von Chinesen, die auf der Suche nach Arbeit sind, wird sich wahrscheinlich auf den Bau der Eisenbahnlinie nach Lhasa hin dramatisch erhöhen.
Die am südlichen Ufer des Kyichu (Lhasa) Flusses gegenüber dem westlichen Teil der Stadt gelegene Siedlung Ne'u ist einer der Hauptstandorte für die wirtschaftliche Entwicklung im Großraum Lhasa. Tibet Daily berichtete am 21. März, im Hinblick auf die Errichtung des Bahnhofes am Flußufer in der Gegend von Ne'u seien bereits Vermessungsarbeiten im Gange.
Planungskarten, die 1982 veröffentlicht wurden, zeigen die Landnutzung in der Stadt mit dem Stand von 1980, sowie die offiziellen Zielsetzungen für 2000. Die Karten, welche auch die Lage der Bahnstationen aufweisen, können unter www.tibetinfo.net/reports/lhasamaps.htm angeschaut werden. Während der Plan für den Verlauf der Eisenbahnlinie nach Lhasa seit der Erstellung der Karten geändert wurde, entspricht die Lage des Zielbahnhofes in Ne'u wohl noch dem ursprünglichen Plan, denn der für diesen Zielbahnhof in dem Stadtgebiet Lhasa vorgesehene Baugrund wurde noch nicht anderweitig genutzt. Die Karte zeigt, wie die Eisenbahnlinie über den Fluß nach Lhasa führt und in einem kleineren Passagierbahnhof auf der Stadtseite des Flusses, etwa 2,5 km südlich des Klosters Drepung, endet. Tibet Daily zufolge wird dieses Jahr eine Brücke von Ne'u nach Lhasa gebaut, wobei unbekannt ist, für welches Verkehrsvolumen sie vorgesehen ist. Zum Bau des Zielbahnhofes in der Siedlung Ne'u muß ziemlich viel Terrain von der Überflutungsebene des Flusses urbar gemacht werden.
Die von Nordwesten nach Lhasa führende Eisenbahnlinie fällt zuerst von der Grenze von Qinghai/TAR nach Nagchu und Damshung ab und folgt dann dem Toeling Fluß von Yangpachen durch den Kreis Toelung Dechen nach West-Lhasa.